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Trotz des mit dem Erwerb eines Luxussportwagens (Ferrari) grundsätzlich verbundenen privaten Affektionswertes für den Nutzer und der im Verhältnis zum Umsatz und Gewinn des Unternehmers hohen Anschaffungskosten ist der Vorsteuerabzug nicht als Repräsentationsaufwand ausgeschlossen, wenn die Anschaffung entsprechend der Erwartung des Unternehmers nachweislich zur Eröffnung substanzieller Geschäftschancen geführt hat.

Das Gericht begründet seine Entscheidung im Wesentlichen mit dem „Affektionsinteresse“ des Fahrers und dem Affektionswert. Ein Begriff, der auch beim Lamborghini-Urteil des Gerichts bemüht wurde.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, befasste sich mit der Projektentwicklung zur Energieerzeugung von regenerativen Quellen. Streitig war der Vorsteuerabzug für die Anschaffung eines Ferrari California, dessen Bruttokaufpreis sich auf ca. 200.000 EUR belief.

Der Geschäftsführer der GmbH, der den Ferrari nutzte, hatte sich auf eine gezielte Nutzung des Fahrzeugs berufen:

* Das Fahrzeug werde bei „Netzwerktreffen“ eingesetzt, um Kooperationspartner zu akquirieren. Dies blieb im Ergebnis allerdings ohne Erfolg.
* Zudem werde das Fahrzeug für Besuche potenzieller Investoren benötigt.

Demgegenüber sei für Besuche bei Landwirten, mit denen über Pacht- und Kaufverträge verhandelt worden sei, ein ebenfalls im Betriebsvermögen befindlicher VW Tiguan genutzt worden.

Entscheidung

Das FG sah keinen unangemessenen Repräsentationsaufwand. Auch wenn

* bei dem Erwerb eines Luxussportwagens von einem privaten Affektionsinteresse auszugehen sei und
* die GmbH im Streitjahr und den Folgejahren nur Verluste bzw. später geringe Gewinne erwirtschaftet habe,

sei der Aufwand nicht unangemessen. Das FG war im Ergebnis davon überzeugt, dass die Anschaffung des Ferrari (auch) zur Eröffnung substanzieller Geschäftschancen geführt habe.

Praxistipp | Das Urteil zeigt die Bedeutung einer aussagekräftigen Dokumentation für den Vorsteuerabzug. Anders als im Lamborghini-Urteil des Gerichts konnte die GmbH belegen und auch durch einen Zeugen bestätigen lassen, dass der Einsatz des Fahrzeugs zu nicht unwesentlichen direkten Akquiseerfolgen geführt hat.

Dass dem Geschäftszweck der GmbH („Projektentwicklung zur Energieerzeugung von regenerativen Quellen“) wohl eher ein alternativ betriebenes Fahrzeug entsprochen hätte und die Wahl des Fahrzeugs damit auf eine zumindest auch private Motivation schließen lässt, konnte das FG daher unberücksichtigt lassen.

Anmerkung

Im Hinblick auf das Verfahrensrecht weist der Urteilsfall die Besonderheit auf, dass der Vorsteuerabzug des Ferraris zweimal Gegenstand von Umsatzsteuer-Sonderprüfungen war:

* in einer ersten Prüfung gewährte das Finanzamt den Vorsteuerabzug,
* um diesen dann in einer zweiten Prüfung zu versagen.

Nach der Santogal-Entscheidung des EuGH kann die Finanzverwaltung einen einmal geprüften Sachverhalt ausschließlich im Missbrauchsfall im Nachgang noch einmal anders beurteilen.

Wörtlich heißt es in der EuGH-Entscheidung:„Neben dem Verhalten des Verkäufers ist auch das der portugiesischen Behörden zu berücksichtigen. Für den Fall, dass Santogal [Anm.: der Unternehmer] die Unterlagen zwecks Inanspruchnahme der Steuerbefreiung des fraglichen Umsatzes vorgelegt hat und diese Unterlagen durch die zuständige Behörde geprüft und akzeptiert wurden – was zu prüfen, Sache des vorlegenden Gerichts ist – ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit es verwehrt, dass ein Mitgliedstaat, der die vom Verkäufer als Nachweise für den Anspruch auf Steuerbefreiung vorgelegten Unterlagen zunächst akzeptiert hat, diesen Verkäufer später wegen eines vom Erwerber begangenen Steuerbetrugs, von dem der Verkäufer weder Kenntnis hatte noch haben konnte, zur Zahlung der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten kann … “

Das FG konnte insoweit auf eine Vorabentscheidung des EuGH verzichten, da dem Klagebegehren anderweitig abgeholfen wurde.

Fundstellen
* FG Hamburg 27.9.18, 3 K 96/17, rkr., iww.de/astw,
* EuGH 14.6.17, C-26/16, Santogal