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Die Einräumung der Berechtigung zum Eintritt in einen Freizeitpark unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige betrieb im Streitjahr 2011 einen Freizeitpark mit ­diversen Fahrgeschäften. Die Eintrittskarten, die zum Eintritt in den Park berechtigten, verkaufte sie vor Ort sowie online. Daneben wurden sog. Kombitickets verkauft. Nach einer Außenprüfung erließ das Finanzamt umsatzsteuererhöhende Änderungsbescheide.

Mit ihrem Einspruch begehrte die Steuerpflichtige neben der Einstufung der Eintrittsberechtigungen als Reisevorleistungen u. a. die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf ihre Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Verkauf der Eintrittskarten sei zu versagen, da die Steuerpflichtige als ortsgebundenes Unternehmen keine Schaustellerin sei. Auch das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH teilt die Rechtsauffassung des Finanzgerichts und hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG ermäßigt sich der Steuersatz auf sieben Prozent u. a. für die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Gemäß § 30 UStDV gelten als Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller: Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen.

Die Steuerermäßigung für Schausteller beruht auf der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, wonach die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ermächtigt sind, auf Eintrittsberechtigungen für
* Veranstaltungen,
* Theater,
* Zirkus,
* Jahrmärkte,
* Vergnügungsparks,
* Konzerte,
* Museen,
* Tierparks,
* Kinos und
* Ausstellungen

sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen den ermäßigten Steuersatz vorzusehen. Die Regelung ist deshalb richtlinienkonform auszulegen.

Dabei ist u. a. der Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten, wonach es nicht zulässig ist, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.

Der BFH hat „Schausteller“ als Personen definiert, die mit ihren der Unterhaltung dienenden Unternehmen gewerbsmäßig Jahrmärkte, Volksfeste usw. beschicken und damit von Ort zu Ort ziehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Schausteller seine Darbietungen in eigener Regie selbst veranstaltet oder ob er seine Leistungen im Rahmen eines fremdveranstalteten Volksfestes erbringt. Erfüllungsgehilfen der an die Besucher der Veranstaltungen erbrachten Leistungen können auch zu diesem Zweck engagierte Schaustellergruppen sein.

Begünstigt ist jedoch nur eine tätigkeits- und nicht eine personenbezogene Leistung, die voraussetzt, dass der jeweilige Umsatz auf einer ambulanten, d. h. nicht ortsfest ausgeführten schaustellerischen Leistung beruht. Diese tätigkeitsbezogene Differenzierung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität vereinbar.

Auf dieser Grundlage hat das FG nach Meinung des BFH zu Recht entschieden, dass Eintrittsberechtigungen in einen ortsgebundenen Freizeitpark nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts sind die von der Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen zwar Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, aber sie werden nicht auf Jahrmärkten, Volksfesten oder ähnlichen Veranstaltungen erbracht, denn der Freizeitpark der Steuerpflichtigen als Schaustellungsunternehmen ist ortsgebunden.

Praxistipp

Der BFH teilt in seinen weiteren Ausführungen die Rechtsauffassung des EuGH im Urteil „Phantasialand“ (9.9.21, C-406/20, AStW 12/2021, 852).

Danach erlaubt das Unionsrecht eine nationale Regelung, nach der die Leistungen von ortsungebundenen Schaustellern einerseits und ortsgebundenen Schaustellerunternehmen in Gestalt von Freizeitparks andererseits unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegen, nämlich einem ermäßigten Satz und dem Regelsteuersatz, sofern der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird. Das Unionsrecht verbietet nicht, dass das vorlegende Gericht, wenn es bei der Prüfung, ob der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird, besondere Schwierigkeiten hat, nach Maßgabe des nationalen Rechts ein Sachverständigengutachten einholt.

fundstelle
BFH 17.3.22, XI R 23/21