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Überträgt der Hoferbe das Eigentum an einem Hofgrundstück zur Abgeltung des Abfindungsergänzungsanspruchs i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO auf einen anderen Abkömmling des Hofübergebers, ist der Grundstückserwerb weder nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG noch nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
BFH 29.9.15, II R 23/14

Sachverhalt

Die Eltern der Klägerin übertrugen 1998 mit notariell beurkundetem Vertrag im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren landwirtschaftlichen Hof i.S. des § 1 der Höfeordnung (HöfeO) auf den Bruder (B) der Klägerin. Die Klägerin erklärte sich gegen Zahlung von 16.000 DM nach § 12 HöfeO für abgefunden.
Darüber hinaus verzichtete sie auch auf Ansprüche auf Ergänzung der Abfindung nach § 13 HöfeO für den Fall, dass B beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke mit dem Erlös landwirtschaftliche Ersatzflächen erwerben sollte.
Mit notarieller Urkunde vom März 2004 vereinbarten die Klägerin und B die abschließende Regelung eines etwaigen Nachabfindungsanspruchs nach § 13 HöfeO Der Klägerin wurde ein Anspruch auf Übertragung eines Baugrundstücks mit einer Fläche von 1.000 qm nach eigener Wahl eingeräumt, falls bestimmte zum Hof gehörende Grundstücke oder Teile davon Baulandqualität erhalten sollten.
Sie erklärte, dass sie mit Erhalt des Baugrundstücks auf sämtliche weiteren Ansprüche gemäß § 13 HöfeO gegenüber B verzichte. Dieser nahm den Verzicht an. B übertrug mit notariell beurkundetem Vertrag vom 29.6.2006 eine noch zu vermessende Teilfläche von 1.000 qm aus einem zum Hof gehörenden Grundstück, das im Gebiet eines beabsichtigten Bebauungsplans lag, auf die Klägerin.
Die Vertragsbeteiligten waren sich darüber einig, dass der Klägerin ein Anspruch auf Übertragung von 1.000 qm zusammenhängendem Bauland zusteht. Der Wert der Teilfläche wurde für die Kosten mit 40.900 EUR angegeben. Das FA behandelte die Übertragung als grunderwerbsteuerpflichtig.

Entscheidung

Die Klage hiergegen blieb auch beim BFH erfolglos. Der Erwerb der Klägerin ist nicht nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, da sie die Grundstücksteilfläche nicht i.S. von § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG von Todes wegen erworben hat.
Der BFH verweist auf frühere Entscheidungen, wonach ein Grundstückserwerb zur Erfüllung eines auf Geld gerichteten Pflichtteilsanspruchs oder Pflichtteilsergänzungsanspruchs „an Erfüllung statt“ nicht unter die Steuerbefreiung des „§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG fällt (BFH 10.7.02, II R 11/01).
Dieser Grundgedanke ist nach Ansicht des BFH auch auf einen Grundstückserwerb, durch den ein Abfindungsergänzungsanspruch nach einer Hofübergabe aufgrund vorweggenommener Erbfolge abgegolten wird, übertragbar. Aufgrund der Hofübergabe erwerbe der Abkömmling des Hofübergebers, der den Hof nicht erhält, kein Grundstück, sondern nur einen Geldanspruch gegen den Hoferben.
Die nachfolgende Übertragung eines Hofgrundstücks vom Hoferben und dem anderen Abkömmling des Hofübergebers bringe das ursprüngliche Schuldverhältnis zwar zum Erlöschen, verändere aber nicht den für die Erbschaftsteuer maßgeblichen Inhalt (= Erwerb eines Geldanspruchs).
Darüber hinaus könne sich die Klägerin nicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG berufen. Diese sei in Fällen, in denen der Hofübernehmer nach dem Erwerb des Hofes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein ihm allein gehörendes Hofgrundstück zur Abgeltung von Abfindungsansprüchen an einen anderen Abkömmling des Hofübergebers überträgt, nicht anzuwenden (BFH 26.1.71, II 86/65).

Erläuterungen

Überträgt der Hoferbe das Eigentum an einem Hofgrundstück zur Abgeltung des Abfindungsergänzungsanspruchs i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO auf einen anderen Abkömmling des Hofübergebers, ist der Grundstückserwerb weder nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG noch nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Im Streitfall trat auch keine doppelte Belastung desselben Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer ein, die nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG vermieden werden soll.
Denn der der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb des Abfindungsergänzungsanspruchs nach § 13 HöfeO und der der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerb des Hofgrundstücks stellen verschiedene Lebensvorgänge dar: Der Erwerb des Abfindungsergänzungsanspruchs beruht auf der Hofübergabe an den Hoferben. Das Grundstück wird dagegen aufgrund des Überlassungsvertrags vom Hoferben erworben.