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Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt; seine Grenzen sind fließend und es gibt Übergangsformen.
Entscheidend ist das Gesamtbild, so auch in einem aktuellen Fall, in dem der BFH über die Anerkennung eines „Klavierstudios“ zu entscheiden hatte.?
BFH 9.6.15, VIII R 8/13

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um eine als Klavierlehrerin und Konzertpianistin tätige Steuerpflichtige. Im Rahmen der Ermittlung ihrer freiberuflichen ­Einkünfte machte sie Aufwendungen für ein in ihrer Wohnung belegenes, mit zwei Klavieren ausgestattetes Klavierstudio geltend.
In diesem erteilte sie Klavierunterricht und bereitete sich auf ihre Pianistentätigkeit vor. Die Steuerpflichtige begehrte den Abzug der Kosten in unbeschränkter Höhe als Betriebsausgaben.
Das FA berücksichtigte jedoch lediglich 1.250 EUR, indem es den Raum als häusliches Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG ansah, das nicht den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit darstellt.
Auch das nachfolgend angestrebte Klageverfahren sowie die eingelegte Revision blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Zimmer erfüllte die Voraussetzungen für die Annahme eines häus­lichen Arbeitszimmers, auch wenn es nicht in der üblichen Weise büromäßig ausgestattet war.
Entscheidend war für den BFH, ob die Nutzung durch den Steuerpflichtigen der Nutzung eines „typischen“ Arbeitszimmers durch Angehörige anderer Berufsgruppen gleichkommt.
Dies war im Streitfall insbesondere in Form von Vorbereitungshandlungen, die die Grundlage der außerhalb des Hauses verrichteten Berufstätigkeit bilden (Pianistentätigkeit), gegeben.
Das Zimmer war auch in die häusliche Sphäre des von der Steuerpflichtigen genutzten Einfamilienhauses eingebunden, da es einen engen räumlichen Bezug zu den von der Steuerpflichtigen zu Wohnzwecken genutzten Bereichen auswies. Außerdem war es nicht unmittelbar über einen separaten Hauseingang zugänglich, sodass es an einer hinreichend klaren Abgrenzung des Eingangsbereichs zu den privat genutzten Räumen fehlte.
Das Zimmer hatte ferner auch kein betriebsstättenähnliches Gepräge, da es abgesehen von der Ausstattung mit zwei Klavieren nicht in besonderer Weise für die unterrichtende Tätigkeit eingerichtet war und auch keine ­besondere technische Ausstattung auswies, wie z.B. ein Tonstudio oder ­Praxisräume.
Letztlich war es auch nicht als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der Steuerpflichtigen anzusehen. Denn hierfür bedarf es bei Vorliegen mehrerer Tätigkeiten zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln.
Im Streitfall war jedoch nicht feststellbar, welche der Tätigkeiten der Steuerpflichtigen den Schwerpunkt bzw. die Haupttätigkeit bildete.