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Das Niedersächsische FG gewährt die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kfz-Reparaturaufwand infolge einer Falschbetankung auf dem Weg zur Arbeitsstelle.
Das FG stellt sich damit gegen die Rechtsprechung und gegen die Verwaltungsauffassung, die als Abzug von außergewöhnlichen Kfz-Kosten neben der Entfernungspauschale nur Unfallkosten zulassen.
FG Niedersachsen 24.4.13, 9 K 218/12,
BMF 3.1.13, IV C 5 – S 2351/09/10002, Tz. 4
FG Baden-Württemberg 17.12.12, 9 K 1637/10, Revision unter VIII R 13/13

Nach dem Urteil sind auf dem Weg vom Wohnort zur Arbeitsstelle verursachte Reparaturaufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als allgemeine Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen.
Hintergrund
Außergewöhnliche Wegekosten, die einer Pauschalierung grundsätzlich nicht zugänglich sind, sind seit Einführung der Entfernungspauschale im Jahr 2001 mit der Pauschale abgegolten.
Nach Meinung des FG werden sie jedoch nicht durch die in § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG gesetzlich normierte Abgeltungswirkung erfasst. Der Wille des Gesetzgebers gebietet eine entsprechende Auslegung gegen den nur scheinbar klaren Wortlaut der Vorschrift.
Da außergewöhnliche Wegekosten bei beruflicher Veranlassung grundsätzlich Werbungskosten darstellen, kommt die bisher vorgenommene einschränkende Auslegung in ihrer Wirkung einem Abzugsverbot für Werbungskosten gleich.
Daher ist zur Vermeidung eines nicht gerechtfertigten Verstoßes gegen das objektive Nettoprinzip in verfassungskonformer Weise der Wortlaut der Regelung so auszulegen, dass lediglich laufende Kfz- und Wegekosten, die grundsätzlich einer Pauschalierung zugänglich sind, von der Abgeltungswirkung erfasst werden.
Steuertipp:
Das FG Niedersachsen stellt sich damit nicht nur gegen die Rechtsprechung und die Verwaltungsauffassung, sondern das Urteil ist für Millionen von Pendlern für ihren Berufsalltag bedeutungsvoll. Das gilt vor allem für die Aussage, dass außergewöhnliche Wegekosten einer Typisierung und damit der Pendlerpauschale grundsätzlich nicht zugänglich sind und aus diesem Grund nicht durch den Ansatz der Entfernungspauschale abgegolten sind.
Daher gibt es für solche Aufwendungen noch zusätzliche Werbungskosten. Dies gilt gleichermaßen für Selbstständige, sodass diese Kosten auch als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Zu den außergewöhnlichen Ausgaben gehören – neben den derzeit schon gewährten un-fallbedingten Kosten – beispielsweise:
Motorschaden aufgrund vorzeitigen Verschleißes,
Kosten für Abholfahrten und
Aufwand bei einem auf der Fahrt zur Arbeit gestohlener Pkw
Sonstige gewöhnliche Belastungen sind hingegen mit der Pauschale abgegolten. Hierzu gehören:
Parkkosten,
Finanzierungskosten,
Leasingsonderzahlung,
Versicherungsbeiträge,
Mautgebühren und
Beiträge für Kraftfahrerverbände.
Das umfangreiche und mit zahlreichen Verweisen auf Urteile des BFH und andere FG versehene Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, da die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und Fortbildung des Rechts zugelassen wurde. Damit wird dem BFH die Möglichkeit gegeben, den derzeitigen, aus Sicht des FG Niedersachsen unhaltbaren Rechtszustand zu beenden und für Rechtsklarheit zu sorgen. Dort ist bereits die Frage zum Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG bei der Abgeltungsteuer anhängig.