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Verpflichtet sich der Arbeitgeber vertraglich, im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mehrere Zahlungen an den Arbeitnehmer zu leisten, ist eine einheitliche Entschädigung nur anzunehmen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür festgestellt sind, dass sämtliche Teilzahlungen „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen“ i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden sind.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber Entschädigungsleistungen an den Arbeitnehmer erbracht. Diese standen im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach einem Überfall, der nach Auffassung des Steuerpflichtigen beruflich bedingt war, was vom Arbeitgeber jedoch bestritten wurde.

Im Juni 2012 schlossen der Steuerpflichtige und sein Arbeitgeber einen „Aufhebungsvertrag und Vergleich“ (Vergleich). Die Parteien verständigten sich u. a. darüber, das Arbeitsverhältnis des Steuerpflichtigen auf Betreiben des Arbeitgebers zum 30.6.2012 zu beenden. Die aus der Pensionszusage zu zahlende Altersrente wurde einvernehmlich beziffert. Der Arbeitgeber verpflichtete sich darüber hinaus, an den Steuerpflichtigen zwei Mal einen Geldbetrag zu zahlen.

Nach dem Vergleich sollte zum einen eine Abfindung für die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie für mögliche Verdienstausfälle und zum anderen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Schadenersatz geleistet werden.

Dazu heißt es in der Präambel des Vertrags, der Arbeitgeber bestreite den Anspruch. Es sei nicht mit Sicherheit nachweisbar, dass der Überfall auf die dienstliche Tätigkeit zurückzuführen sei. Man sei aber bereit, sich über möglicherweise bestehende und in Zukunft entstehende Schadenersatzansprüche zu vergleichen, um einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden und um beiderseitige Risiken zu begrenzen.

Der Arbeitgeber verpflichtete sich deshalb zum Ausgleich der möglicherweise aus dem Überfall entstandenen und in Zukunft entstehenden Ansprüche auf eine Mehrbedarfsrente ein etwaiges Schmerzensgeld zu zahlen.

Der Steuerpflichtige beantragte, den Vergleichsbetrag für sonstigen Schadenersatz steuerfrei zu belassen. Dagegen unterwarf das FA diesen Vergleichsbetrag als zusätzliche Abfindung der Besteuerung nach §§ 19, 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren hob der BFH im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung an das FG zurück.

Sind im Zusammenhang mit der Auflösung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mehrere (auch unterschiedliche) Entschädigungsleistungen als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen vereinbart, sind diese zwar grundsätzlich einheitlich zu beurteilen. Dieser Grundsatz entbindet jedoch nicht von der Prüfung, ob jede einzelne Entschädigung „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen“ i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gewährt worden ist.

Eine Leistung, für die aufgrund der Umstände nicht anzunehmen ist, dass sie eine Entschädigung für entgangene oder entgehende Leistungen darstellt, kann nicht aus Gründen der einheitlichen Beurteilung in den Besteuerungstatbestand hineingezogen werden.

Im Streitfall hatte das FG rechtsirrtümlich den Grundsatz der Einheitlichkeit der Entschädigung angewandt. Denn es muss nicht nur abstrakt für jede Teilzahlung ermitteln, ob sie die Voraussetzungen von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfüllt, sondern dabei auch berücksichtigen, in welchem Rahmen üblicherweise Abfindungen vereinbart werden. Hierzu muss es den letzten regulären Verdienst des Steuerpflichtigen, die reguläre Kündigungsfrist und das Aufhebungsdatum feststellen und beurteilen, in welchem Umfang eine Entschädigung für entgangene Einnahmen zu erwarten und auch gerichtlich durchsetzbar gewesen wäre.

Wenn neben einer Entschädigung, die sich in diesem Rahmen hält, eine weitere Zahlung vereinbart ist, die bei zusammenfassender Betrachtung den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreiten würde, spricht dies nach Auffassung des BFH indiziell dafür, dass es sich insoweit nicht um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen handelt.

Wenn die erste Teilentschädigung den Rahmen des Abfindungsanspruchs im Großen und Ganzen einhält, würde eine doppelt so hohe Gesamtentschädigung den Rahmen des Üblichen in besonderem Maße überschreiten.

Der BFH wies darüber hinaus darauf hin, dass auch der vom Steuerpflichtigen geltend gemachte Anspruch gemäß § 670 BGB keineswegs ausgeschlossen ist. Denn er hatte nachvollziehbar dargelegt, dass und weshalb er in seiner beruflichen Tätigkeit einem hohen persönlichen Risiko ausgesetzt war. Im zweiten Rechtsgang wird das FG auch dieser Frage nachgehen müssen.

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Fundstelle
BFH 9.1.18, IX R 34/16