In Steuer-Tipps für ALLE

Wenn ein Diplom-Finanzwirt mit abgeschlossener Fachhochschulausbildung ein berufsbegleitendes Masterstudium „Master of Laws Wirtschafts- und Steuerrecht“ an einer Universität aufnimmt, während er seine berufliche Tätigkeit beim FA mit 28,7 Wochenstunden fortführt, besteht für ihn kein Kindergeldanspruch mehr.

Grundsatz

Anspruch auf Kindergeld besteht für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. Ein Kind wird nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale „erstmalige Berufsausbildung“ und „Erststudium“ hat der BFH entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des Oberbegriffs erstmalige Berufsausbildung darstellt.

Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.

In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat. Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen.

Abzugrenzen sind die Fälle einer einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von den Fällen einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung). An einer einheitlichen Erstausbildung kann es auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten.

Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten Ausbildungsabschnitts befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die 20-Stundengrenze allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist.

Entscheidung

Das FG entschied, dass das Masterstudium eine anspruchsschädliche Zweitausbildung darstellt. Denn es fehlte bereits deshalb an der erforderlichen Einheit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, weil das Masterstudium zwingend eine Berufstätigkeit zwischen dem ersten und dem zweiten Ausbildungsabschnitt voraussetzt, die nicht gegeben war. Die zwingend erforderliche Berufstätigkeit nach dem ersten Studienabschluss und vor Aufnahme des Masterstudiums bildete daher im Streitfall eine „schädliche“ zeitliche Zäsur.

Ungeachtet dessen lag auch deshalb keine einheitliche Erstausbildung vor, weil die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit beim Finanzamt die Hauptsache und der Masterstudiengang eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellt.

fundstelle
FG Münster 25.10.21, 9 K 976/21 Kg