In für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Die individuelle Betreuung einer Spieleleistung schließt die Annahme einer elektronischen Leistung aus. Die genaue umsatzsteuerliche Einordnung einer solchen Leistung kann dahingestellt bleiben, wenn alle in Betracht kommenden Einordnungen umsatzsteuerlich zu demselben Ergebnis führen. Ein deutschsprachiger Internetauftritt rechtfertigt die Annahme des Finanzamts, dass der überwiegende Teil der Kunden in Deutschland ansässig ist und der Leistungsort damit mehrheitlich im Inland gelegen hat. |

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige erwarb im Rahmen eines Online-Spiels virtuelles Land von der amerikanischen Spielebetreiberin. Er parzellierte und vermietete das virtuelle Land innerhalb des Online-Spiels gegen Zahlung einer virtuellen Währung an andere Nutzer. Angesammeltes Spielgeld wurde vom Steuerpflichtigen sodann über die spieleeigene Tauschbörse in US-Dollar getauscht, die er sich später in EUR auszahlen ließ. Hierfür hatte er ein Gewerbe angemeldet und auch eine Umsatzsteuererklärung erstellt.

Das Finanzamt unterwarf diese „Vermietungseinnahmen“ der Umsatzsteuer. Es ging davon aus, dass 70 % der Umsätze im Inland ausgeführt wurden.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Steuerpflichtige geltend, dass kein Leistungsaustausch vorliege. Er habe die Leistungen auch nicht gegenüber anderen Nutzern des Online-Spiels, sondern gegenüber der amerikanischen Betreiberin und damit an ein im Ausland ansässiges Unternehmen erbracht. Der Ort der Leistung liege daher in den USA, weshalb die Umsätze in Deutschland nicht steuerbar seien.

Entscheidung

Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Der Höhe nach sind die erzielten Einnahmen aus einer Tätigkeit in der virtuellen Welt unstreitig. Zu Recht ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass der Ort der vom Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen zum Teil in Deutschland liegt. Ebenfalls zu Recht hat es daher einen geschätzten Anteil der Einnahmen der Umsatzsteuer unterworfen.

Keine E-Leistungen

Das Gericht teilt allerdings bei der Bestimmung des Leistungsorts nicht den Ansatz des Finanzamts, es handele sich bei den erbrachten Leistungen um „auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen“. Denn der Begriff „auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen“ umfasst Dienstleistungen,
* die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden,
* deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und
* die ohne Informationstechnologie nicht möglich wären.

Hinsichtlich der „minimalen menschlichen Beteiligung“ ist dabei maßgeblich, ob eine „menschliche Beteiligung“ den eigentlichen Leistungsvorgang betrifft. Deshalb stellen weder die ursprüngliche Inbetriebnahme des elektronischen Systems noch dessen Wartung eine wesentliche „menschliche Beteiligung“ dar.

Ausgehend hiervon liegen hier keine „auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen“ vor, weil die „menschliche Beteiligung“ den eigentlichen Leistungsvorgang ausmacht. Kennzeichnend für den Leistungsaustausch ist hier nämlich, dass der Steuerpflichtige eine Kreativleistung erbringt, die darin besteht, dass er aus einem unbearbeitet gekauften virtuellen Land eine Parzelle erschafft, die sofort nutzbar, ggf. wegen eines darauf errichteten Hauses sofort bewohnbar und ggf. mit Einrichtungsgegenständen voll ausgestattet ist.

Genaue Einordnung der erbrachten Leistungen kann dahingestellt bleiben.

Das Gericht konnte auf eine genaue Einordnung der vom Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen verzichten.

Handelte es sich nämlich – was in Betracht kommen könnte – um sonstige Leistungen in Form der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten, ergäben sich keine Abweichungen gegenüber der Rechtsauffassung des ­Finanzamts. Denn es wäre derselbe Leistungskatalog der Ortsbestimmung des § 3a UStG betroffen.

Handelte es sich hingegen um allgemeine sonstige Leistungen, stellte sich das Ergebnis des Finanzamts ebenfalls als zutreffend dar. Maßgeblich ist dann wiederum der Sitz des Steuerpflichtigen für seine nicht unternehmerischen Kunden bzw. bei unternehmerischen Kunden deren Sitz. Da auch insoweit der Kreis der Kunden des Steuerpflichtigen im Einzelnen nicht bekannt ist, müsste auch insoweit wiederum eine Schätzung nach den vom Beklagten angewandten Maßstäben erfolgen.

Schätzung der Höhe nach zutreffend
Ausgehend hiervon war der Kreis der Kunden des Steuerpflichtigen, deren Wohnsitz oder Sitz nicht im Inland liegt, zu schätzen, weil dieser Kreis im Einzelnen unbekannt ist. Die Kriterien, die das Finanzamt insoweit angewandt hat, hält das Finanzgericht für sachlich zutreffend:

* Denn das Finanzamt ist zum einen davon ausgegangen, dass es sich bei den Kunden wegen des im Vordergrund stehenden Spielcharakters überwiegend um Nichtunternehmer gehandelt haben wird.

* Das Finanzamt hat zum anderen angenommen, dass es sich bei diesen nichtunternehmerischen Kunden allein schon aus sprachlichen Gründen – der sich in den Akten befindliche Internetauftritt des Steuerpflichtigen ist in Deutsch verfasst – um Inländer gehandelt haben wird.

Deswegen ist es plausibel, dass der Leistungsort in den überwiegenden Fällen im Inland gelegen haben wird. Diesen Anteil mit 70 % anzunehmen, hält das Finanzgericht für realistisch und macht sich deswegen die Schätzung des Finanzamts zu eigen.

Praxistipp | Der Steuerpflichtige hat die vom Finanzgericht zugelassene Revision eingelegt. Diese ist unter V R 38/19 beim BFH anhängig.

Anmerkung

Das Finanzgericht hat darüber hinaus darauf erkannt, dass der Steuerpflichtige die Leistungen gegen Entgelt in Form von Geld erbracht und nicht – wie das Finanzamt meint – tauschähnliche Umsätze mit den anderen Nutzern getätigt hat. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht, nicht aber bei einer aus Geld bestehenden Gegenleistung. Das Spielgeld ist nach Auffassung des Finanzgerichts zwar kein Geld im Sinne eines gesetzlichen Zahlungsmittels, aber wie Geld zu behandeln. Das Finanzgericht folgt insoweit prinzipiell dem im Anschluss an das EuGH-Urteil „Hedqvist“ ergangenen BMF-Schreiben vom 27.2.2018, wonach Bitcoins und andere virtuelle Währungen für Zwecke der Steuerbefreiung wie Geld behandelt werden.

Fundstelle
FG Köln 13.8.19, 8 K 1565/18, Rev. BFH V R 38/19,