Die Wirkung der Meldung eines Kindes, das das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, als Arbeitssuchender entfällt nicht aufgrund einer Erkrankung des Kindes. Die Dauer der Erkrankung kann bei der Tatbestandsvoraussetzung „Arbeitssuchender“ nicht gleichermaßen berücksichtigt werden wie bei der Tatbestandsvoraussetzung „in Berufsausbildung“.
Grundsatz
Kindergeld für ein volljähriges Kind, welches noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, wird u. a. gewährt, wenn es nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitssuchender gemeldet ist.
Sachverhalt und Entscheidung
Im Streitfall stand der Sohn der Antragstellerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Er hatte sich bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitssuchender gemeldet. Die Arbeitssuchendmeldung ist von der Arbeitslosmeldung zu unterscheiden, da deren beider Status jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen haben:
Arbeitssuchende sind gemäß § 15 Satz 2 SGB III Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit ausüben. Die Rechte und Pflichten von Arbeitssuchenden sind in § 38 SGB III geregelt. Die Pflicht zur entsprechenden Meldung besteht bereits drei Monate vor Ablauf eines Arbeitsverhältnisses. Der Status als arbeitssuchend besteht somit unabhängig davon, ob jemand einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Die Meldung als arbeitssuchend begründet einen Anspruch auf Berufsberatung (§ 38 Abs. 2 SGB III) und Arbeitsvermittlung (§ 38 Abs. 4 SGB III).
Da keine ausdrückliche steuerrechtliche Regelung besteht, wann der durch eine Meldung als Arbeitssuchender begründete Status wieder entfällt, sind für das Kindergeldrecht insoweit die Vorschriften des Sozialrechts, hier insbesondere § 38 SGB III, heranzuziehen.
Der Status als arbeitssuchend entfällt nicht automatisch nach drei Monaten. Denn anders als § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III a. F. begründet § 38 SGB III in der im Streitzeitraum gültigen Fassung keine Pflicht, die Arbeitssuchendmeldung nach drei Monaten zu erneuern.
Im Streitfall hatte die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung nicht gemäß § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III förmlich durch Verwaltungsakt eingestellt. Vielmehr war lediglich die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgehoben worden. Der Status des Sohnes als arbeitssuchend ist auch nicht durch sonstige (interne) Einstellung der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit entfallen.
Insbesondere war die Wirkung der Meldung als Arbeitssuchender nicht aufgrund der Erkrankung des Sohnes entfallen, denn Arbeitsunfähigkeit und eingeschränkte Leistungsfähigkeit stehen der Meldung als Arbeitssuchender grundsätzlich nicht entgegen. Es muss jedoch eine grundsätzliche Vermittlungsfähigkeit bestehen. Derjenige, der bei der Agentur für Arbeit um Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis ersucht, muss im Grundsatz einen entsprechenden Anspruch auf die von der Behörde nach § 35 SGB III geschuldete Dienstleistung „Vermittlung in ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis“ haben.
Die Dauer der Erkrankung bei der Tatbestandsvoraussetzung „Arbeitssuchender“ kann nicht gleichermaßen berücksichtigt werden wie bei der Tatbestandsvoraussetzung „in Berufsausbildung“. Denn unterbricht ein Kind eine Berufsausbildung aufgrund von Erkrankung, muss es Prüfungsstoff, Praxistätigkeit und Prüfungen nachholen. Diesbezüglich einen Wiedereinstieg zu gewährleisten, ist schwieriger als bei einer reinen Arbeitssuche und damit einhergehenden Vermittlungsbemühungen.
Im Streitfall war der Sohn der Antragstellerin nicht bereits deshalb vermittlungsunfähig und nicht als arbeitssuchend gemeldet einzustufen, weil seine Erkrankung länger als sechs Monate währte, sondern nach Auffassung des FG trotz seiner Erkrankung vermittlungsfähig.
Vermittlungsunfähig ist ein Kind dann, wenn das als Suchender vorstellig werdende Kind entweder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen kein Arbeitsverhältnis aufnehmen kann.
Bei einer Erkrankung muss das Kind zumindest mittelfristig (wieder) am Erwerbsleben teilnehmen zu können. Es darf nicht jegliche Vermittlungstätigkeit von vornherein sinnlos sein.
Im Streitfall waren Bemühungen, den Sohn der Antragstellerin zu vermitteln, weder aus einer ex nunc noch aus einer ex tunc Betrachtung sinnlos. Die eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz – EntgFG – die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit enthalten müssen, waren regelmäßig für vier Wochen ausgestellt. Die den Sohn behandelnden Ärzte hatten somit regelmäßig die Prognose erteilt, ein Ende der Erkrankung sei absehbar, woraus ex nunc die Sinnhaftigkeit der Vermittlungsbemühungen folgt. Rückwirkend hatte sich gezeigt, dass der Sohn nach der Erkrankung wieder arbeitsfähig genesen war. Insofern ist unschädlich, dass die zwölfmonatige Erkrankung eine nicht unerhebliche Dauer hatte, denn in dieser Zeit erfolgte Vermittlungsbemühungen hätten zumindest nach Ende der Erkrankung fruchten können.
Beachten Sie | Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Denn es besteht ein Allgemeininteresse an der Klärung der Frage, ab wann der Arbeitssuchendstatus eines Kindes wegen einer dauerhaften Erkrankung entfällt, da hierzu bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt. Die Familienkasse hat die Revision eingelegt.
FUNDSTELLE