In Steuer-Tipps für ALLE

Die Aufgabe des Wohnsitzes im Elternhaus erfolgt bei einem zunächst nur für ein Jahr geplanten, dann aber verlängerten Auslandsstudium erst nach Ablauf des ersten Studienjahres.

Für ein volljähriges, noch nicht 25-jähriges Kind besteht grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Wohnt der Berechtigte im Inland, werden solche Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben. Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (§ 32 Abs. 1 und 6 EStG).

Sachverhalt

Im Streitfall wurde das Kind im Streitzeitraum in Australien für einen Beruf ausgebildet. Das Finanzgericht gewährte für die ersten Monate noch Kindergeld, da das Kind seinen Wohnsitz im Inland bei den Eltern hatte.

Beachten Sie | Ein Wohnsitz nach § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen das Innehaben der Wohnung in dem Sinn voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Der Wohnsitzbegriff setzt zwar weder voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet, noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit, erforderlich ist aber eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufenthalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht.

Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz daher nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung fortbesteht, gibt es nicht. Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet.

Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher nur dann bei, wenn sie diese in ausbildungsfreien Zeiten nutzen. Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche. Dies ist bei lediglich kurzzeitigen Aufenthalten – zwei bis drei Wochen pro Jahr – nach der Lebenserfahrung der Fall.

Ist aber ein Auslandsaufenthalt lediglich für ein Jahr geplant, geht dadurch die Bindung an den Wohnsitz im Haushalt des Elternteils nicht verloren.

Entscheidung

Im Streitfall kam das FG zu dem Ergebnis, dass das Kind mit der Entscheidung für die Verlängerung seines Studiums seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben hatte und von da an nicht mehr für Kindergeldzwecke berücksichtigt werden konnte.

Fundstelle
FG Niedersachsen 7.1.20, 5 K 168/17, Rev. BFH III R 11/21