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Der Große Senat des BFH hat in einem Grundsatzbeschluss seine Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von gemischt veranlassten Aufwendungen geändert. Dies hat zur Folge, dass Aufwendungen für beruflich und privat veranlasste Reisen in größerem Umfang als bisher als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden können. An dem sich aus § 12 Nr. 1 S. 2 EStG ergebenden grundsätzlichen Aufteilungsverbot wird nicht mehr festgehalten. Das Abzugsverbot wurde von der Rechtsprechung in der Vergangenheit ohnehin in zahlreichen Fällen wie etwa beim Computer, Telefon oder Pkw durchbrochen.
BFH 21.9.09, GrS 1/06, 30.4.09, VI R 55/07, BStBl II 09, 726; 18.8.05, VI R 32/03, BStBl II 06, 30


Im zugrunde liegenden Fall besuchte ein Arbeitnehmer eine Fachmesse in Las Vegas. Der USA-Aufenthalt dauerte sieben Tage, von denen nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zugeordnet werden konnten. Strittig war nun der Abzug der Flugkosten. In der Revision argumentierte das Finanzamt dahingehend, dass ein Abzug nach der ständigen BFH-Rechtsprechung ausscheide, da es sich um gemischt veranlasste Aufwendungen handeln würde. Dem widersprach der Große Senat des BFH und berücksichtigte die Kosten für den Hin- und Rückflug zu 4/7 als Werbungskosten.
Danach lassen sich Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise somit grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und in nicht abziehbare Privataufwendungen nach den jeweiligen Zeitverhältnissen der Reise aufteilen. Dies gilt zumindest dann, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile fest stehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.
Im Einzelfall kann es jedoch erforderlich sein, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen. Ein Abzug der Aufwendungen kommt dann insgesamt nicht in Betracht, wenn die für sich gesehenen jeweils nicht unbedeutenden beruflichen und privaten Anteile so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist.
Durch diese Entscheidung können Arbeitnehmer und Selbstständige gemischt veranlasste Aufwendungen bei entsprechendem Nachweis ansetzen. Wird beispielsweise ein beruflicher Termin wahrgenommen, können die Kosten der Hin- und Rückreise auch dann beruflich veranlasst sein, wenn ein Privataufenthalt vorangeht oder nachfolgt. Dabei kommt es nicht zwingend darauf an, ob der private Teil der Reise kürzer oder länger ist als der berufliche Teil.
An die Nachweispflicht wird voraussichtlich eine hohe Anforderung gestellt werden. Der Große Senat verweist nämlich darauf, dass an der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre ein Anreiz besteht, Privataufwendungen als beruflich veranlasst darzustellen. Dem sollen Finanzverwaltung und Finanzgerichte bei der Berücksichtigung des Sachverhalts besonders Rechnung tragen. Lassen sich keine Gründe feststellen, die eine berufliche Veranlassung der Reise belegen, gehen entsprechende Zweifel zulasten des Steuerpflichtigen. Es ist also in der Praxis ratsam, die beruflich veranlassten Teile besonders gründlich anhand von Unterlagen zu dokumentieren. Das betrifft auch Fälle vergangener Jahre, die wegen des anhängigen Verfahrens offengehalten wurden.
Steuertipp: Der BFH verweist darauf, dass sich Reisekosten von den grundsätzlich nicht abziehbaren und nicht aufteilbaren Aufwendungen für die Lebensführung, die durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten bzw. als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, unterscheiden. Dies betrifft beispielsweise Aufwendungen für bürgerliche Kleidung oder für eine Brille.