In Steuer-Tipps für ALLE

Update und steuerliche Überlegungen

Im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Entlastungsbetrag für echte Alleinerziehende für die Jahre 2020 und 2021 um 2.100 EUR erhöht. In der Praxis stellt sich die Frage, ob Alleinerziehende selbst aktiv werden müssen, um bereits jetzt und heute von dieser Steuerentlastung profitieren zu können. Als Update zum Entlastungsbetrag stellen wir Ihnen noch zwei Revisionsverfahren beim BFH vor, die Ihren Mandanten erstmals ­einen Anspruch auf einen Entlastungsbetrag ermöglichen könnten. |

Grundsätzliches zum Entlastungsbetrag

Der Entlastungsbetrag nach § 24b EStG steht nur „echten“ Alleinerziehenden zu. Das sind Steuerzahler, zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das sie einen Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag haben. „Echt“ alleinerziehend bedeutet, dass ein Steuerzahler nicht die Voraussetzungen für das Splitting-Verfahren im Sinn des § 26 Abs. 1 EStG erfüllt und dass keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person besteht.

Der Entlastungsbetrag betrug bisher 1.908 EUR und erhöht sich durch die Neuregelung im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz auf 4.008 EUR. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag jeweils um 240 EUR.

So profitieren echte Alleinerziehende bereits jetzt und heute

Hat ein Mandant bereits die Lohnsteuerklasse II beantragt, ist hier der Entlastungsbetrag von 1.908 EUR bereits enthalten. Das soll sich bis Ende 2020 auch nicht ändern. Um bereits jetzt und heute vom erhöhten Entlastungsbetrag von 4.008 EUR und damit von einem höheren Nettogehalt profitieren zu können, muss ein Lohnsteuerfreibetrag in Höhe von 2.100 EUR in den ELStAM (elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale), berücksichtigt werden.

Praxistipp | Leider geht jede Oberfinanzdirektion und jedes Landesamt wohl einen anderen Weg. In Bayern wird erwartet, dass Alleinerziehende einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen. In Rheinland-Pfalz wird jedem Steuerzahler mit Lohnsteuerklasse II automatisch ein Lohnsteuerfreibetrag in Höhe von 2.100 EUR in die ELStAM (elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale, die die zuständigen Finanzämter zum Abruf für Arbeitgeber bereitstellen) eingetragen. Haken Sie also beim jeweiligen FA nach, ob Ihr Mandant selbst aktiv werden muss oder ob er automatisch profitiert.

Doppelten Entlastungsbetrag durch clevere Haushaltszuordnung

Leben mehrere begünstigte Kinder im Haushalt des Alleinerziehenden – beispielsweise zwei – hätte der echte Alleinerziehende im Jahr 2020 einen Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 4.248 EUR (4.008 EUR für Kind 1 und 240 EUR für Kind 2).

Lebt auch der andere Elternteil alleine kann es Sinn machen, dass eines der beiden Kinder beim anderen Elternteil mit Hauptwohnsitz gemeldet wird. Ab diesem Zeitpunkt steht ihm auch der Entlastungsbetrag in Höhe von 4.008 EUR – zumindest zeitanteilig ab der Meldung eines Kindes im Haushalt – zu. In welchem Haushalt sich das Kind tatsächlich aufhält, interessiert das FA nicht (BFH 5.2.15, III R 9/13).

Beispiel

Zwei Elternteile leben getrennt ohne neue Partner. Die Elternteile haben zwei gemeinsame Kinder. Beide Kinder leben bei der Mutter und übernachten regelmäßig beim Vater. Im August 2020 wird ein Kind im Haushalt des Vaters gemeldet.

Folge: Der Mutter steht für Kind 1 der Entlastungsbetrag von 4.008 EUR zu und für das zweite Kind 140 EUR (240 EUR x 7/12). Dem Vater steht für Kind 2 ein Entlastungsbetrag in Höhe von 1.670 EUR (4.008 EUR x 5/12).

Zwei interessante Revisionsverfahren für echte Alleinerziehende

Revision 1: Entlastungsbetrag im Jahr der Trennung möglich?

Hat sich ein Mandant im Laufe des Jahres 2020 von seinem Ehegatten getrennt und beantragt anschließend beim FA den anteiligen Entlastungsbetrag, wird das Finanzamt ablehnen. Denn lagen zu Beginn des Jahres 2020 noch die Voraussetzungen zur Zusammenveranlagung und zum Splittingverfahren vor, besteht kein Anspruch auf den Entlastungsbetrag (BMF 23.10.17, IV C 8 – S 2265-a/14/10005, Tz. 5 und 6).

In einem Urteilsfall vertrat das FG Niedersachsen jedoch eine andere Auffassung. Trennt sich der Steuerzahler während des Jahres 2020 von seinem Ehegatten, lebt danach mit den Kindern alleine und beantragt für 2020 statt der Zusammenveranlagung die Einzelveranlagung, steht ihm ab dem Zeitpunkt, ab dem er echt alleinerziehend ist, der Entlastungsbetrag anteilig zu (FG Niedersachsen, 18.2.20, 13 K 182/19; Rev. beim BFH unter III R 17/20).

Revision 2: Einbeziehung des Entlastungsbetrags in Verlustrücktrag und Verlustvortrag?

Ist Ihr Mandant echt alleinerziehend und erzielt in diesem Jahr einen Verlust, beispielsweise weil er keine Einnahmen, aber vorweggenommene Werbungskosten von 1.500 EUR hat, verpufft der Entlastungsbetrag nach Ansicht der Finanzverwaltung steuerlich ungenutzt.

Doch auch hier stellt sich ein FG quer. Der Entlastungsbetrag (im Urteilsfall ging es um den vergleichbaren Altersentlastungsbetrag) erhöht nach Ansicht der Richter des FG Köln den rücktragsfähigen bzw. vortragsfähigen Verlust nach § 10d Abs. 1 und 2 EStG (FG Köln, 12.12.18, 10 K 1730/17; Revision beim BFH unter IX R 3/19).

Praxistipp | In vergleichbaren Fällen sollte gegen nachteilige Steuerbescheide Ihrer Mandanten Einspruch eingelegt und mit Hinweis auf das jeweilige Revisionsverfahren beim BFH ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO gestellt werden.

Fundstellen
* BFH 5.2.15, III R 9/13, BMF 23.10.17, IV C 8 – S 2265-a/14/10005, FG Niedersachsen 18.2.20, 13 K 182/19; Rev. BFH III R 17/20, FG Köln 12.12.18, 10 K 1730/17; Rev. BFH IX R 3/19