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Ob mehrere gewerbliche Betätigungen, die ein und derselbe Unternehmer ausübt, zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen sind, hängt davon ab, ob diese Betätigungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen.
Ein Elektromeisterbetrieb mit Elektrohandel und der Betrieb einer Windkraftanlage an einem anderen Ort sind kein einheitlicher Gewerbebetrieb, da sie ungleichartig sind und sich nicht gegenseitig stützen und ergänzen, so das FG Nürnberg in einer ­aktuellen Entscheidung.
FG Nürnberg 7.10.15, 3 K 1631/14

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige betreibt einen Elektromeisterbetrieb und Einzelhandel mit Elektrozubehör und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gegenstand des Gewerbes ist insbesondere die Vornahme von Elektroarbeiten und der Handel mit Elektrogeräten und das Betreiben von Fotovoltaikanlagen. 2009 bestellte der Steuerpflichtige eine Windkraftanlage zum Preis von 1.210.000 EUR. Die Windkraftanlage wurde erstmals in der Bilanz des Elektrobetriebs zum 31.12.2010 bilanziert.
Streitig war, ob im Rahmen der Gewinnermittlung des Elektrobetriebs für 2009 ein Investitionsabzugsbetrag für die Windkraftanlage in Höhe von 200.000 EUR gewinnmindernd berücksichtigt werden durfte. Das FA verneinte dies mit der Begründung, bei der Windkraftanlage handele es sich um einen neuen eigenständigen Gewerbebetrieb.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die eingelegte Klage als unbegründet zurück. Das FG stellte heraus, dass die Fördermaßnahme des § 7g EStG nicht personen-, sondern betriebsbezogen ausgestaltet ist.
Der Elektromeisterbetrieb mit Elektrohandel und der Betrieb der Windkraftanlage sind jedoch zwei sachlich selbstständige Gewerbebetriebe, sodass der Ansatz eines Investitionsabzugsbetrages für die Windkraftanlage beim Elektromeisterbetrieb mit Elektrohandel nicht möglich ist.
Unterhält ein Unternehmer gleichzeitig mehrere sachlich selbstständige Gewerbebetriebe, unterliegt jeder dieser Gewerbebetriebe für sich der Gewerbesteuer. Für die Entscheidung der Frage, ob mehrere gewerbliche Betätigungen, die ein und derselbe Unternehmer ausübt, zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen sind, kommt es darauf an, ob diese Betätigungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sachlich, insbesondere organisatorisch, wirtschaftlich oder finanziell zusammenhängen.
Zu den Merkmalen eines Gewerbebetriebs gehören insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, die Organisation und Finanzierung sowie Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens.
Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen bestehen. Ein solcher Zusammenhang besteht, wenn zwei (oder mehrere) Unternehmensbereiche sich gegenseitig stützen und ergänzen und nur miteinander wirtschaftlich betrieben werden können.
Ein finanzieller Zusammenhang zeigt sich in einer einheitlichen Buch- und Kassenführung, in gemeinsamen Bankkonten und Rechnungsformularen bis hin zur einheitlichen Bilanzierung sowie Gewinn- und Verlustrechnung.
Bei ungleichartigen bzw. sich nicht ergänzenden Tätigkeiten ist zumindest in der Regel von der Selbstständigkeit der einzelnen Aktivität auszugehen, und zwar auch dann, wenn eine gemeinsame Buchführung vorhanden und das Betriebsergebnis in einer Bilanz zusammengefasst worden ist.
Im Streitfall kam das FG daher zu dem Ergebnis, dass zwei sachlich selbstständige Gewerbebetriebe vorliegen:
Der Elektromeisterbetrieb mit Elektrohandel und der Betrieb der Windkraftanlage. Denn es handelt sich um ungleichartige Betätigungen, die sich nicht einander ergänzen. Beide Gewerbebetriebe lassen eine unabhängige Teilnahme am Wirtschaftsleben zu.

Praxishinweis

Steuerpflichtige, die eine Windkraftanlage betreiben und damit Strom erzeugen (Erzeugerbetrieb), erzielen hieraus in Höhe der vom Netzbetreiber gewährten Vergütung Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG.
Demgegenüber handelt es sich bei dem Elektromeisterbetrieb mit Elektrohandel nicht um einen Erzeugerbetrieb, sondern im Wesentlichen um einen Handwerksbetrieb und ein Handelsgewerbe.
Windkraftanlagen gehören nicht zur Handelsware des Ladens. Die beiden wirtschaftlichen Tätigkeiten sind ungleichartig. Die beiden Betriebe nehmen unabhängig voneinander am Wirtschaftsleben teil.