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Das BMF hat in einem aktuellen Schreiben vom 25.11.2020 verschiedene neue Vereinfachungsregelungen zum Werbungskostenabzug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung beschlossen. Diese Neuregelung stellen wir Ihnen für ein effektives Beratungsgespräch mit Ihrem Mandanten vor und verraten Ihnen, an welcher Stelle im BMF-Schreiben die aktuelle – steuerzahlerfreundliche – Rechtsprechung ignoriert wird. |

Grundsätze zur doppelten Haushaltsführung

Eine anzuerkennende beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 und 2 EStG liegt nur vor, wenn folgende Mindestvoraussetzungen erfüllt sind:

* Ein Arbeitnehmer hat außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt und
* wohnt aus beruflichem Anlass
* am Ort der ersten Tätigkeitsstätte.

Können Sie für einen Mandanten diese Voraussetzungen nachweisen, kann er für die Unterkunftskosten im Inland Werbungskosten von bis zu 1.000 EUR im Monat geltend machen. Aufwendungen für Ausstattung und Einrichtung können zusätzlich zu der 1.000-EUR-Grenze steuermindernd berücksichtigt werden.

Praxistipp | In einem aktuellen Schreiben hat das BMF die neue Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung umgesetzt und mal nebenbei auch einige Neuregelungen veröffentlicht (BMF 25.11.20, IV C 5 – S 2353/19/10011 :006). Und genau diese Neuregelungen werden im folgenden Praxisbeitrag näher beleuchtet.

Neuregelung 1: Vereinfachungsregelung zur Lage der Hauptwohnung

Bei der Überprüfung, ob überhaupt eine doppelte Haushaltsführung vorliegt, nimmt der Sachbearbeiter des FA die Lage der Hauptwohnung am Wohnort ins Visier.

Eine doppelte Haushaltsführung wird danach grundsätzlich verneint, wenn der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte von dieser Wohnung aus in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Bisherige Faustformel: Eine Fahrzeit von bis zu einer Stunde je Wegstrecke kann in der Regel als zumutbar angesehen werden.

Mit anderen Worten: Kam das Finanzamt nach Eingabe der Adresse der Hauptwohnung am Wohnort und der Adresse der ersten Tätigkeitsstätte in einem Routenplaner zu der Erkenntnis, dass die Fahrzeit einfach maximal eine Stunde betrug, wurde das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung verneint.

Neu ist in allen noch offenen Fällen Folgendes: Unabhängig von der Fahrzeit wird aus Vereinfachungsgründen eine doppelte Haushaltsführung nun bejaht, wenn die kürzeste Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km beträgt (BMF 25.11.20, Rz. 102).

Beispiel

Eine Arbeitnehmerin wohnt in Ort A und arbeitet am Ort B. Die einfache Strecke von 80 km legt sie mit dem Zug in 45 Min. zurück. Die Arbeitnehmerin hat am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung angemietet.

Folge: Obwohl die Fahrzeit unter einer Stunde liegt, muss das Finanzamt die Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung neuerdings anerkennen, weil die kürzeste Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km beträgt.

Praxistipp | Sie müssen also bei Mandanten mit einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort bei einer Fahrzeit für die einfache Strecke von höchstens einer Stunde nachprüfen, ob aufgrund der neuen 50-km-Regel nun erstmals Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht werden dürfen.

Neuregelung 2: Vereinfachungsregelung zur Lage der Zweitwohnung

Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung wird eigentlich erwartet, dass sich die Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte befindet. In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass sich die Zweitwohnung weiter entfernt vom Beschäftigungsort befindet.

Neu ist in allen noch offenen Fällen Folgendes: Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass die Zweitwohnung noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte belegen ist, wenn die Entfernung der kürzesten Straßenverbindung zwischen Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht mehr als 50 km beträgt (BMF 25.11.20, Rz. 103; Satz 2).

Sollte die kürzeste Entfernung zwischen Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte mehr als 50 km betragen, bedeutet das noch nicht das endgültige Aus für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung. In einem zweiten Prüfschritt wird nun die Fahrzeit herangezogen. Es ist zu prüfen, ob die erste Tätigkeitsstätte von der Zweitwohnung in zumutbarer Weise täglich erreicht werden kann. Eine Fahrzeit für die einfache Strecke von bis zu einer Stunde ist dabei zumutbar (BMF 25.11.20, Rz. 103; Sätze 3 und 4).

Beispiel

Ein Arbeitnehmer hat am Wohnort A ein Haus und arbeitet am Ort B (kürzeste Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte 80 km). Die Zweitwohnung befindet sich in Ort C (kürzeste Entfernung zwischen Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte 45 km). Der Arbeitnehmer nutzt für die Fahrt von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte einen Bummelzug mit einer Fahrzeit für die einfache Strecke von 70 Min.

Folge: Das Finanzamt wird zur Klärung der Frage, ob eine doppelte Haushaltsführung vorliegt, eine mehrstufige Prüfung durchführen:

* Prüfschritt 1 – Lage der Hauptwohnung: Da die Hauptwohnung weiter als 50 km von der ersten Tätigkeitsstätte entfernt ist, liegt sie außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte. Voraussetzung erfüllt.
* Prüfschritt 2 – Lage der Zweitwohnung: Da die kürzeste Straßenentfernung zwischen Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht mehr als 50 km beträgt, liegt die Zweitwohnung noch am Beschäftigungsort. ­Voraussetzung erfüllt.

Neuregelung 3: Berufliche Veranlassung für das Beziehen der Zweitwohnung

Das Beziehen der Zweitwohnung am Beschäftigungsort muss aus beruflichen Gründen erforderlich sein. Aus Vereinfachungsgründen kann von einer beruflichen Veranlassung des Beziehens der Zweitwohnung ausgegangen werden, wenn die kürzeste Straßenverbindung von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der kürzesten Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt. Diese Vereinfachungsregelung wurde bereits im BMF-Schreiben vom 24.10.2014 (IV C 5 – S 2353/14/10002m Rz. 101) festgelegt.

Neu ist in allen noch offenen Fällen Folgendes: Im aktuellen BMF-Schreiben wird ausgeführt, dass das Beziehen der Zweitwohnung aus beruflichen Gründen insbesondere dann vorliegt, wenn dadurch die Fahrtstrecke oder die Fahrtzeit zur ersten Tätigkeitsstätte wesentlich verkürzt wird. Liegen die Voraussetzungen der Vereinfachungsregelung aus dem BMF-Schreiben vom 24.10.2014 nicht vor, kann neuerdings trotzdem von einer beruflichen Veranlassung ausgegangen werden, wenn folgende Nachweise erbracht werden können:

* Die Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte halbiert sich für eine Wegstrecke durch die Anmietung der Zweitwohnung (BMF 25.11.20, Rz. 104, Satz 3, 2. Halbsatz).
* Liegt auch diese Voraussetzung nicht vor, kann das Vorliegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auf andere Weise anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls darlegt werden (BMF 25.11.20, Rz. 104, Satz 4).

Neuregelung 4: Angemessene Kosten für Ausstattung und Einrichtung

Im BMF-Schreiben vom 25.11.2020 wird die neue BFH-Rechtsprechung umgesetzt, nach der die angemessenen Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände und Arbeitsmittel in der Zweitwohnung zusätzlich zu den Unterkunftskosten bis maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abziehbar sind.

In der Praxis kam es zu Ungleichbehandlungen bei der Frage, wann die Aufwendungen für Hausrat und Einrichtungsgegenstände noch als angemessen gelten oder wann die Aufwendungen nur gekürzt als Werbungskosten abgezogen werden dürfen.

Diese Streitigkeiten sind nun durch eine Vereinfachungsregelung entschärft worden: Übersteigen die Anschaffungskosten des Arbeitnehmers für Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Anschaffungskosten für berufliche Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5.000 EUR (einschließlich Umsatzsteuer), ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um „notwendige“ Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt (BMF 25.11.20, Rz. 108).

Praxistipp | Einbeziehung der Miete für Garagenstellplatz in die 1.000 EUR-Grenze: In dem BMF-Schreiben findet sich ein Satz zur Ermittlung der Unterkunftskosten, der so nicht hingenommen werden sollte. Denn das BMF geht davon aus, dass die Miete für einen separat angemieteten Garagenstellplatz in den Höchstbetrag von 1.000 EUR im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung im Inland einzubeziehen ist.

Hier lohnt sich mit Hinweis auf einen Gerichtsbescheid des FG Saarland Gegenwehr (20.5.20, 2 K 1251/17). Denn die Richter stellten hier klar, dass die Garagenmiete zusätzlich zu dem Höchstbetrag von 1.000 EUR als Werbungskosten abziehbar ist. Die Entscheidung ist rechtskräftig.