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Ein Freiberufler, der außerhalb seiner Wohnung in einer Praxis selbstständig tätig wird, kann in der Regel Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben geltend machen, da ihm für die Tätigkeit in seiner Praxis „ein anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung steht.
Dass dies jedoch nicht ausnahmslos gelten muss, zeigt eine aktuelle Entscheidung des FG Sachsen-Anhalt.
FG Sachsen-Anhalt 1.3.16, 4 K 362/15, Rev. zugelassen, BFH III R 9/16

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war als Logopäde in angemieteten Räumen tätig. Im Rahmen der Gewinnermittlungen für die Einkommensteuererklärungen machte dieser Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer 2010 in der Wohnung und ab 2011 im privat genutzten Einfamilienhaus geltend.
Das FA vertrat die Ansicht, dass für Bürotätigkeiten ein anderer Arbeitsplatz als im häuslichen Arbeitszimmer zur Verfügung steht. Aus diesem Grund erkannte es die Kosten des Arbeitszimmers nicht als Betriebsausgabe an.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruch sah das FG dies jedoch anders, denn ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist.
Ausreichend wäre insoweit das Vorhandensein eines Schreibtisches mit Bürostuhl und PC sowie gegebenenfalls abschließbaren Aktenschränken.
Anders als bei Arbeitnehmern indiziert der Schreibtischarbeitsplatz eines Selbstständigen bereits, dass ihm dieser Arbeitsplatz für alle Aufgabenbereiche seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht.
Dem liegt die Über­legung zugrunde, dass der Selbstständige andernfalls durch entsprechende Gestaltung des außerhäuslichen Arbeitsplatzes das grundsätzliche ­Abzugsverbot für das häusliche Arbeitszimmer unterlaufen kann.
Zu der Frage, ob der (betriebliche) Arbeitsplatz jedoch auch zumutbar ist, muss darauf abgestellt werden, ob „ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.“ Denn nur dann ist der Steuerpflichtige nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen.
Muss er hingegen dort einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen kann, kommt das Abzugsverbot nicht zum Tragen. Denn auch in einem solchen Fall ist das häusliche Arbeitszimmer notwendig und der Steuerpflichtige kann sich diesen Aufwendungen nicht entziehen.

Praxishinweis

Ob ein häusliches Arbeitszimmer als notwendig angesehen werden kann, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung, die anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden muss. Anhaltspunkte sind sowohl die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes selbst (Größe, Lage, Ausstattung) als auch die Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes bzw. Zugang zu dem betreffenden Gebäude etc.).
Ein häusliches Arbeitszimmer ist danach dann nicht erforderlich, wenn der Selbstständige seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit in angemieteten oder in seinem Eigentum stehenden Räumen nachgeht und „es ihm dort zumutbar und aufgrund der räumlichen Situation grundsätzlich auch möglich ist, einen zur Erledigung aller betrieblichen und beruflichen Schreibtischtätigkeiten geeigneten, büromäßigen Arbeitsplatz einzurichten“.
Im Streitfall stand dem Steuerpflichtigen für die Ausübung seiner erforderlichen Büro- und Verwaltungstätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz im konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise zur Verfügung, sodass die Kosten des häuslichen Arbeitszimmers bis zu dem gesetzlichen Höchstbetrag von 1.250 EUR in Abzug gebracht werden konnten.
Entscheidender Grund hierfür war der Umstand, dass es sich in der Praxis um Betriebsräume handelte, die nur eingeschränkt für andere Tätigkeiten nutzbar sind. Darüber hinaus beschäftigt der Steuerpflichtige in seiner Praxis drei angestellte Arbeitskräfte, sodass die Räume weitestgehend dauerhaft genutzt werden.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Patienten teilweise während der Therapiestunde die Räume wechseln, um spezielle Trainings durchzuführen. Außerdem war der Steuerpflichtige in der Zeit, in der die Therapieräume ungenutzt wurden, im Krankenhaus ­tätig, sodass er die Räume auch zeitlich nicht hätte für Büroarbeiten nutzen können.