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Immer wieder ist das besondere Kirchgeld Thema der Rechtsprechung. Bei dem besonderen Kirchgeld handelt es sich um eine spezielle Kirchensteuer für Kirchenmitglieder, deren Ehepartner keiner Kirche angehört.

Die Rechtsfigur beruht auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1965 (BVerfG 14.12.65, 1 BvR 606/60). Im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG wurde die sogenannte „Hausfrauenehe“ mehrfach gerichtlich unter die Lupe genommen.

Unter Hausfrauenehe versteht man die Ehen, in denen das Kirchenmitglied mangels eigenen Einkommens selbst keine Kirchensteuer zahlt, der gut verdienende konfessionsfreie Partner jedoch zur Kasse gebeten wird.

Das OVG Lüneburg hatte aktuell darüber zu entscheiden, ob es auch zulässig ist, das besondere Kirchgeld nach dem gemeinsamen zu versteuerndem Einkommen zu berechnen, wenn beide Ehegatten Einkommen erzielen.

Sachverhalt

Die Kläger sind miteinander verheiratet und wurden im Streitjahr 2015 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei ist nur die Ehefrau Angehörige der römisch-katholischen Kirche. Beide Eheleute sind erwerbstätig. Das Finanzamt setzte gegenüber der Ehefrau ein besonderes Kirchgeld in Höhe von 840 EUR fest. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen

Das besondere Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen soll dem Tatbestand Rechnung tragen, dass sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit desjenigen Ehegatten, der einer steuererhebenden Kirche angehört, durch die Ehe erhöht (Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehepartners). Diese Art des Kirchgeldes wird nach h. M. für verfassungskonform erachtet. Auch den Fall, dass solch ein besonderes Kirchgeld nur bei Zusammenveranlagung nach § 26b EStG erhoben wird, hat der BFH für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet (BFH 19.10.05, I R 76/04).

Der EGMR (Europäische Gerichtshof für Menschenrechte) hat zudem entschieden, dass das besondere Kirchgeld nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt (EGMR 6.4.17, 10138/11).

Entscheidungsgründe

Das OVG wies den Antrag der Kläger, die Berufung zuzulassen, ab, da die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes zu Recht erfolgte.

Zwar ist der Grundgedanke des besonderen Kirchgeldes, von einem kirchenangehörigen Ehegatten, der kein oder nur ein geringes eigenes Einkommen hat, dieses trotzdem zu erheben, weil sich dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch seine Ehe erhöht. Dies schließt aber nicht aus, das Kirchgeld auch in den Fällen festzusetzen, in welchen dieser über erhebliches eigenes Einkommen verfügt.

Dass das besondere Kirchgeld auch festgesetzt werden darf, wenn der kirchenzugehörige Ehegatte über eigenes Einkommen verfügt, steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG 28.10.10, 2 BvR 591/06 u. a., NJW 2011, S. 365). Auch der BFH sieht dies so (BFH 25.1.06, I R 62/05; BFH 21.12.05, I R 64/05) sowie verschiedene Finanzgerichte (FG Düsseldorf 21.3.17, 1 K 1970/16 Ki; FG Thüringen 23.2.16, 2 K 39/15,).

Somit kann von diesem Personenkreis grundsätzlich sowohl die Einkommenskirchensteuer wie auch das besondere Kirchgeld erhoben werden. Eine Doppelbelastung wird dadurch vermieden, dass beide Steuern aufeinander anzurechnen sind, also nur der höhere Betrag zu zahlen ist (vgl. auch den insofern einschlägigen Kirchensteuerbeschluss unter Tz. 3.; OFD Hannover 18.12.2007 S 2446 – 7 StO 215, Tz. 2).

Fundstelle
OVG Lüneburg 23.8.18, 9 LA 120/17