In für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind unbegrenzter als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar, soweit der Raum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Bei Handelsvertretern und Außendienstmitarbeitern liegt der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit meist nicht im Arbeitszimmer, sondern außerhalb im Geschäftsbezirk. In zahlreichen Urteilen hat dies der BFH so entschieden. Aus diesem Grund können Handelsvertreter in der Regel die Arbeitszimmerkosten nur bis zu 1.250 EUR absetzen, weil für die Büroarbeiten „kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“.
Nun gab es eine Wende. Das Finanzgericht Münster sah bei einem Handelsvertreter das häusliche Arbeitszimmer als „Mittelpunkt“ mit der Folge, dass der Abzug der Arbeitszimmerkosten in unbegrenzter Höhe möglich ist.
FG Münster 5.3.15, 5 K 980/12 E

Sachverhalt

Streitig war, ob das häusliche Arbeitszimmer eines im Wurst- und Käsevertrieb tätigen Handelsvertreters dessen Tätigkeitsmittelpunkt bildet. Der Steuerpflichtige war seit 1999 als Handelsvertreter im Bereich des Wurst- und Käsevertriebs in Deutschland überregional gewerblich tätig. Im Streitjahr 2010 wurde er für drei Auftraggeber tätig. Er vermittelte die Geschäfte zwischen seinen Auftraggebern und deren Kunden, sodass er die eingehenden Kundenaufträge an die Auftraggeber weitergab.
Das FA versagte bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung 2010 den Abzug der vollständigen Arbeitszimmerkosten als Betriebsausgaben und berücksichtigte lediglich Aufwendungen in Höhe des Höchstbetrags von 1.250 EUR. Zur Begründung führte es an, bei einem Handelsvertreter liege der qualitative Tätigkeitsschwerpunkt nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern im Außendienst.

Entscheidung

Dies sah das FG jedoch anders. Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, bildet den Betätigungsmittelpunkt im Sinne der Abzugsbeschränkung, wenn er dort die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Tätigkeiten vornimmt. Der „Mittelpunkt“ bestimmt sich somit nach dem inhaltlichen also qualitativen Schwerpunkt der beruflichen und betrieblichen Betätigung des Steuerpflichtigen.
Im Streitfall lag der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit jedoch im häuslichen Arbeitszimmer. Zwar war der Steuerpflichtige aufgrund verpflichtender Kundenbesuche auch im Außendienst tätig, jedoch kam er nach den Feststellungen des FG dieser Verpflichtung nicht in dem vereinbarten Maße nach. Zudem übte der Steuerpflichtige keine klassische Außendiensttätigkeit eines Handelsvertreters aus, da seine Tätigkeit über die Tätigkeit eines Verkäufers im Außendienst hinausging.
Der Steuerpflichtige vermittelte Liefergeschäfte von Wurst und Käse für seine Auftraggeber, wobei er diese Frischeprodukte nicht selbst auslieferte, sondern den Kunden als Ansprechpartner, insbesondere bezüglich Sortiment der Frischeprodukte, Annahme von Bestellungen (die er selbst nur an die Lieferanten weiterleitete) und Reklamationen zur Verfügung stand.
Dieser betriebswirtschaftlichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer hat das FG in qualitativer Hinsicht ein größeres Gewicht beigemessen als der Präsenz beim Kunden vor Ort. Somit sah das Gericht das häusliche Arbeitszimmer als Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit an. Damit unterlagen in diesem Fall die Arbeitszimmerkosten keiner Abzugsbeschränkung.