In Steuer-Tipps für ALLE

Die Festsetzungsfrist ist im Rahmen einer Antragsveranlagung gewahrt, wenn das Ende der Festsetzungsfrist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, die Steuererklärung des Steuerpflichtigen jedoch erst am nächstfolgenden Werktag (im Streitfall dem 2. Januar des Folgejahres) beim FA eingeht.
BFH 20.1.16, VI R 14/15

Sachverhalt

Im Streitfall beantragte ein Arbeitnehmer für 2007 die sog. Antragsveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 des EStG. Der Antrag ist innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen. Diese Frist beginnt mit Ablauf des Jahres der Steuerentstehung und beträgt vier Jahre. Der Antrag ging im konkreten Fall beim FA erst am 2.1.12 ein. FA und FG sahen dies als verspätet an, da die Festsetzungsfrist bereits mit Ablauf des 31.12.11 geendet habe.

Entscheidung

Dagegen hob der BFH im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Nach § 46 Abs. 2 EStG ist der Antrag auf Veranlagung zwar nicht mehr fristgebunden, wurde aber innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt.
Die Festsetzungsfrist endet gem. § 108 Abs. 3 AO mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags, wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.
Für die Auslegung des § 108 AO ist, wie aus der Verweisung auf die Fristbestimmungen des BGB in § 108 Abs. 1 AO hervorgeht, der Fristbegriff des Bürgerlichen Rechts maßgebend. § 108 Abs. 3 AO erfasst demnach alle Arten von Fristen.
Die Festsetzungsfrist ist eine „Frist“ in diesem Sinne. Denn es handelt sich um einen abgegrenzten, bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren Zeitraum. Verjährungsfristen zählen als gesetzliche Fristen zu den „uneigentlichen“ Fristen und werden mithin vom Anwendungsbereich des „§ 108 Abs. 3 AO erfasst.
Dem steht auch die Regelung in § 47 AO nicht entgegen, wonach Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis mit Ablauf der Festsetzungsfrist erlöschen und ein durch Fristablauf erloschener Anspruch nicht wieder aufleben kann.
Rechtsfolge des § 108 Abs. 3 AO ist jedoch die Verlängerung der Festsetzungsfrist, zu deren Wahrung einer „verlängerten“ Frist es ausreicht, dass die Handlung bis 24 Uhr des Tages des Fristablaufs vorgenommen worden ist.

Praxishinweis

Der BFH stellte ferner klar, dass die Abgabe einer Einkommensteuererklärung ein den Ablauf der Festsetzungsfrist hemmender Antrag i. S. des § 171 Abs. 3 AO ist.
Denn liegen die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen nicht vor, sind die Finanzbehörden aufgrund der Abgeltungswirkung des Lohnsteuerabzugs (§ 46 Abs. 4 Satz 1 EStG) an der Steuerfestsetzung gehindert. In einem solchen Fall ist der Steuerpflichtige nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt, eine Steuererklärung einzureichen.
Insofern findet dann die Rechtsprechung des BFH, wonach die Abgabe gesetzlich vorgeschriebener Steuererklärungen zur allgemeinen Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen gehört und kein Antrag ist, selbst wenn die Veranlagung zu einer Steuererstattung führt, keine Anwendung.