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Im Rahmen der sogenannten „Günstigerprüfung“ wird dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen abweichend von den besonderen Regelungen der Abgeltungsteuer den allgemein einkommensteuerlichen Regelungen zur Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen.
Durch diese Möglichkeit können Steuerpflichtige, deren persönlicher Steuersatz niedriger als der Abgeltungsteuersatz ist, für ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen diesen niedrigeren Steuersatz wählen.
BFH 12.5.15, VIII R 14/13

Zu bedenken ist, dass der eigentlich zeitlich unbefristete Antrag auf die Günstigerprüfung nach der Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids nur dann noch zu einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung führt, wenn die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift erfüllt sind.

Sachverhalt

Im Streitfall erzielte die Steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus einer Leibrente. Zudem erzielte sie Kapitalerträge, die sie nicht in ihrer Einkommensteuererklärung angab, da dafür schon die Abgeltungsteuer von 25 Prozent abgeführt worden war.
Nach formeller ­Bestandskraft des aufgrund ihrer Steuererklärung ergangenen Einkommensteuerbescheids stellte die Steuerpflichtige einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG, der zu einem für sie günstigeren Ergebnis geführt hätte, da ihr individueller Steuersatz unter 25 Prozent lag. Hierzu wäre jedoch eine Änderung der bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuer erforderlich gewesen. Dies lehnten sowohl das FA als auch das FG im sich anschließenden Gerichtsverfahren ab.

Entscheidung

Auch der BFH hält eine Bescheidänderung aufgrund eines nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellten Antrags auf Günstigerprüfung für nicht zulässig. Vielmehr ergibt sich die zeitliche Befristung für den Antrag auf Günstigerprüfung bereits aus der Bestandskraft der Steuerfestsetzung. Andernfalls würden die Vorschriften der AO über die Korrektur bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide unterlaufen.
Der nachträglich gestellte Antrag auf Günstigerprüfung berechtigte auch nicht zur Bescheidänderung nach einer der Korrekturvorschriften der § 172 ff. AO. Zwar wurde dem FA erst nach der Steuerfestsetzung bekannt, dass die Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte erzielt hatte, die bei Einbeziehung in die tarifliche Besteuerung zu einer niedrigeren Steuer geführt hätten. Eine Korrekturmöglichkeit für derartige „neue Tatsachen“ nach „§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist jedoch nur möglich, wenn den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein Verschulden trifft.
Im Streitfall handelte die Steuerpflichtige jedoch grob schuldhaft, da sie die Steuerbescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer ­bereits vor der Abgabe der Einkommensteuererklärung erhalten hatte und somit die Möglichkeit bestand, einen Antrag auf Günstigerprüfung nachzustellen.