In für ARBEITNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Eine stillschweigende Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers ergibt sich nicht allein daraus, dass der Arbeitnehmer die Einrichtung nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen muss, seine Arbeitsleistung im Übrigen aber ganz überwiegend außerhalb der festen Einrichtung erbringt.

Hintergrund

Erste Tätigkeitsstätte ist nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Eine solche Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Nach der gesetzlichen Konzeption wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien.

Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für die erste Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nicht an. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

Entscheidung

Im Streitfall war das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige der Niederlassung des Unternehmens nicht zugeordnet war. Denn eine Klausel im Arbeitsvertrag enthielt lediglich den Hinweis, dass der Steuerpflichtige einem Gruppenleiter zugeordnet beziehungsweise unterstellt war. Festlegungen über Anwesenheitszeiten im Büro oder an anderen Arbeitsorten waren arbeitsvertraglich dagegen nicht getroffen worden. Der Steuerpflichtige war der Niederlassung lediglich aus organisatorischen Gründen zugeordnet, ohne dass damit auch eine Festlegung des Tätigkeitsorts verbunden war. Dies stellt nach Meinung des BFH keine Zuordnung des Arbeitnehmers i. S. v. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG dar.

Im Streitfall war auch eine Zuordnung des Steuerpflichtigen durch schlüssiges Verhalten zu verneinen. Haben die Arbeitsvertragsparteien davon abgesehen, den Steuerpflichtigen einer betrieblichen Einrichtung durch Festlegungen, Absprachen oder Weisungen zuzuordnen, ergibt sich eine Zuordnung durch schlüssiges Verhalten nicht allein aufgrund der Tatsache, dass der Steuerpflichtige einzelne, zu seinem Berufsbild gehörende Tätigkeiten in einer bestimmten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers erbringt oder erbringen muss.

Allein aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer eine (bestimmte) betriebliche Einrichtung zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit gelegentlich aufsucht oder aufzusuchen hat, kann nicht auf eine stillschweigende Zuordnung des Arbeitnehmers zu dieser Einrichtung geschlossen werden. Das gilt erst recht, wenn – wie im Streitfall – der Steuerpflichtige weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet worden ist.

Der Arbeitgeber hatte den Steuerpflichtigen der Niederlassung auch nicht dadurch konkludent zugeordnet, dass er beim Lohnsteuer-Abzug für die private Nutzung des dem Steuerpflichtigen überlassenen Dienstwagens die 0,03 %-Regelung angewendet hatte. Zwar kann der Anwendung der 0,03 %-Regelung im Einzelfall eine gewisse Indizwirkung für eine Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ersten Tätigkeitsstätte zukommen. Der BFH stellte im Streitfall jedoch klar, dass mit der Durchführung des Lohnsteuer-Abzugs keine arbeitsrechtliche Festlegung oder Weisung gegenüber dem Arbeitnehmer in Bezug auf dessen Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung verbunden ist. Denn der Lohnsteuer-Abzug dokumentiert insoweit grundsätzlich auch keine anderweitig erfolgte Zuordnungsentscheidung. Vielmehr erfüllt der Arbeitgeber damit (nur) seine lohnsteuer­rechtlichen Pflichten gegenüber dem FA.

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