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Aufwendungen eines angestellten Geschäftsführers zur Tilgung von Haftungsschulden sind auch insoweit als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar, als die Haftung auf nicht abgeführter Lohnsteuer beruht, die auf den Arbeitslohn des Geschäftsführers entfällt. Das Abzugsverbot gemäß § 12 Nr. 3 EStG steht dem nicht entgegen.

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um die Frage, ob die angestellte Geschäftsführerin einer GmbH Aufwendungen infolge einer Haftungsinanspruchnahme nach § 69 AO auch insoweit als Werbungskosten bei Ermittlung ihrer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machen kann, als die Haftung auf Lohnsteuer entfällt, die ihren Arbeitslohn betrifft.

Entscheidung

Das FA hatte dies abgelehnt, das FG der eingelegten Klage jedoch entsprochen. Auch der BFH wies die vom FA eingelegte Revision als unbegründet zurück.

Die Steuerpflichtige wurde vom FA gemäß §§ 69, 34 AO als Haftende für von einer GmbH angemeldete, aber nicht abgeführte Lohnsteuern und Nebenabgaben für Januar bis Dezember 2013 in Anspruch genommen. Die Haftung beruhte damit auf Pflichtverletzungen, die der Steuerpflichtigen aufgrund ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit als angestellter Geschäftsführerin der GmbH zur Last gelegt wurden. Denn sie hatte als Geschäftsführerin der GmbH dafür Sorge zu tragen, dass die GmbH ihre steuerlichen Pflichten erfüllte, insbesondere die einbehaltenen Lohnsteuern an das Betriebsstättenfinanzamt abführte und die entsprechenden Nebenabgaben entrichtete. Diesen steuerlichen Pflichten war die Steuerpflichtige jedoch nicht hinreichend nachgekommen.

Das FG hatte nach Meinung des BFH zutreffend entschieden, dass das Abzugsverbot in § 12 Nr. 3 EStG der Berücksichtigung der Werbungskosten im Streitfall nicht entgegensteht, da im Streitfall die Voraussetzungen des § 12 Nr. 3 EStG schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erfüllt waren. Denn es ging weder um den Abzug von Einkommen- oder Lohnsteuer noch um den Abzug darauf entfallender Nebenleistungen, sondern allein um den Abzug von Zahlungen der Steuerpflichtigen auf ihre Haftungsschulden, die auf §§ 69, 34 AO beruhen. Solche Haftungsschulden sind jedoch keine Steuern gemäß § 3 Abs. 1 AO und mithin erst recht weder Steuern vom Einkommen noch eine sonstige Personensteuer i. S. v. § 12 Nr. 3 EStG. Der Haftungstatbestand der §§ 69, 34 AO begründet vielmehr die Pflicht des Haftenden, für eine zulasten eines anderen begründete Steuerschuld mit dem eigenen Vermögen unbeschränkt einstehen zu müssen. Die steuerliche Haftung ist eine Außen- und Fremdhaftung. Es handelt sich also um ein Einstehenmüssen für die Schuld eines Dritten gegenüber der Finanzbehörde.

Nichts anderes gilt, soweit die Haftungsschulden auf von der GmbH nicht abgeführte Lohnsteuer und Nebenabgaben der Steuerpflichtigen selbst entfallen. § 12 Nr. 3 EStG greift auch dann nicht ein, wenn die Haftung des Geschäftsführers auf von der vertretenen Gesellschaft einbehaltenen, aber nicht abgeführten eigenen Lohnsteuern des Geschäftsführers beruht. Denn die Pflicht zur Entrichtung der Lohnsteuer obliegt dem Arbeitgeber, im Streitfall also der GmbH.

Aus der Sicht der Steuerpflichtigen handelte es sich damit bei der Entrichtungsschuld der GmbH um eine fremde ­Steuerschuld, für deren Entrichtung sie aus den von ihr als Geschäftsführerin verwalteten Mitteln der GmbH zu sorgen hatte. Die Steuerpflichtige wurde mit dem Haftungsbescheid somit nicht als Steuerschuldnerin gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG für ihre eigene Lohnsteuer herangezogen. Der Haftungsbescheid betraf vielmehr nur ihre Inanspruchnahme als Geschäftsführerin der GmbH gemäß §§ 69, 34 AO. Dies gilt auch, soweit den Aufwendungen materiell von der GmbH nicht abgeführte Lohnsteuern der Steuerpflichtigen selbst zugrunde liegen.

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BFH 8.3.22, VI R 19/20