In für ARBEITNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Das FG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass der Betriebshof keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers ist, wenn er sich dort jeweils lediglich umkleidet, die Ansage der Einsatzleitung anhört, das Tourenbuch, die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel abholt. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Müllwerker danach mit seinen Kollegen die Blinker sowie die Beleuchtung des Müllfahrzeugs kontrolliert und die übrige Zeit des 45-minütigen Aufenthalts auf dem Betriebshof auf Parkplatzsuche für den eigenen Pkw, den zeitgleichen Dienstbeginn von 500 Arbeitnehmern und die zeitgleiche Abfahrt von 120 Fahrzeugen vom Betriebshof zurückzu­führen ist.

Begründung

Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für das Auffinden der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nicht an.

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Nur dann kann die „erste Tätigkeitsstätte“ als Anknüpfungspunkt für den Ansatz von Wegekosten nach Maßgabe der Entfernungspauschale und als Abgrenzungsmerkmal gegenüber einer auswärtigen beruflichen Tätigkeit dienen. Ganz geringfügige Tätigkeiten allein reichen jedoch nicht aus, um den Betriebshof eines Müllwerkers als erste Tätigkeitsstätte anzusehen.

fundstelle
FG Berlin-Brandenburg 16.6.22, 16 K 4259/17