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Bei der Besteuerung eines im Inland steuerpflichtigen Aktieninhabers einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft findet § 20 Abs. 4a EStG bei einem aufgrund einer Verschmelzung erfolgten Tausch der Aktien mit Spitzen- und Barausgleich keine Anwendung, wenn bei rechtsvergleichender Betrachtung die Verschmelzung aufgrund der hohen Barzahlungen nicht einmal hypothetisch in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 3 Nr. 5 UmwStG fallen könnte. Der gesamte Vorgang ist danach als Tausch gegen die Gewährung eines Mischentgelts nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG zu besteuern.

Sachverhalt

Im Streitfall wurden im Zuge einer Fusion Anteile des Klägers an einer ­Firma in den USA in Aktien umgetauscht. Darüber hinaus erhielt der ­Kläger eine Barabfindung, für die die Bank Kapitalertragsteuer einbehielt. Er begehrte den Abzug anteiliger Anschaffungskosten für die Firmen­anteile entsprechend dem Verhältnis der Barabfindung zur gesamten ­Gegenleistung.

Entscheidung

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, wobei unerheblich ist, ob es sich um eine in- oder ausländische Körperschaft handelt. Eine Veräußerung in diesem Sinne ist die entgeltliche Übertragung des – zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auf einen Dritten.

Eine solche Veräußerung liegt auch bei einem Untergang von Gesellschaftsanteilen aufgrund einer Verschmelzung der Anteile des übertragenden Rechtsträgers gegen die Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger vor. Zwar trifft § 20 Abs. 4a EStG bei einem aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen vollzogenen Tausch abweichend von § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG und den §§ 13 und 21 UmwStG Sonderregelungen für die Besteuerung der eingetauschten Aktien und Zuzahlungen. Die Vorschrift war jedoch im Streitfall nicht anwendbar.

Voraussetzung für die Anwendung der Sonderregelungen ist nach § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG ein Tausch „aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen“. Bei einem weiten Verständnis dieses Merkmals fiele jeglicher Anteilstausch, der durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen der beteiligten – in- oder ausländischen – Unternehmen veranlasst ist, unter die Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte allerdings keinen derart weiten Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG eröffnen, sondern hat sich bei dessen Einführung am UmwStG orientiert. Die Regelung sollte demnach ausdrücklich „Verschmelzungen, Aufspaltungen und qualifizierte Anteilstauschvorgänge“ erfassen, die „dem Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 unterliegen“.

Im Streitfall handelte es sich bei den Aus- und Einbuchungen auf dem Depot im Zusammenhang mit der Verschmelzung nicht um einen Tausch aufgrund gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen i. S. d. § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG, da die Verschmelzung aufgrund der Höhe der Zuzahlung nicht in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 13 UmwStG (i. V. m. § 12 Abs. 2 Satz 2 KStG) fiel.

Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG richtete sich vielmehr nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG und somit im Wesentlichen nach dem Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung und den Anschaffungskosten. Für diesen Gewinn aus der Veräußerung der Anteile der in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Gesellschaft steht der Bundesrepublik Deutschland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu, da der Gesellschafter im Streitjahr im Inland wohnhaft und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig war (§ 1 Abs. 1 EStG).

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BFH 14.2.22, VIII R 44/18